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Wie geht es Dir?

Der Blick aufs Ultraschall zeigte eine großen schwarzen Fleck: "Das ist Krebs, oder?", fragte ich. Meine Gynäkologin antwortete "Ja.". 

Und mit diesem Ja begann ein besonderes Jahr: die eigene Endlichkeit klopfte an + ungeahnte mentale + körperliche Herausforderungen, meist in Form von Zumutungen, lagen vor mir. Mit der Frage "Wie geht es Dir?" wurde aus dem besonderen Jahr ein gutes Jahr. 

 

Bis dahin waren die großen Pfeiler in meinem Leben

  • das Teilen dessen mit meinem wundervollen + klugen Mann,
  • meine liebenswerte, große + besondere Familie,
  • die tiefen Begegnungen mit meinen Freund*innen,
  • das Ausleben meiner Hobbys,
  • die vielen Urlaube + damit verbundenen (Selbst-)Begegnungen
  • und die Arbeit mit + im Team der BERATUNG JUDITH ANDRESEN.

 

Ich liebe, was ich tue. Ich habe Lust aufs Leben. Die Heilung vom Krebs war kein Kindergeburtstag. Ich brauchte Zeit für mich und mit mir, um mental + körperlich gut aus diesem Jahr zu kommen. Vieles Übliche entfiel einfach und musste entfallen.

 

Ich bin dankbar für ein Team, das zunächst ohne mich weiter arbeitete und mich später so unkompliziert + offen wiedereingliedern würde. Was für ein Geschenk!

 

Ich bin dankbar für meinen Mann, mein Familie + Freund*innen, die da waren + die zusammen mit mir herausbekamen, was in dem jeweiligen Moment gerade wichtig war. Die eigene Endlichkeit zu spüren und sich daran zu gewöhnen, war eine besondere Herausforderung für mich. Mit mir + dieser Angst umzugehen, war mir nur mit Euch möglich. Danke!

 

Ich bin dankbar um das Wissen + Weiter-Lernen der Mediziner*innen, die mich in den Status "Tumormarker: keine" zurückführen konnten. Ich habe eine gute Rundumbetreuung und eine Patient*innenzentriertheit erlebt, die ich in unserem Gesundheitssystem nicht erwartet hätte. Mein großes Danke am heutigen #worldcancerday für Euren Einsatz, Euer Wissen + Eure Herzlichkeit!

 

In diesem besonderen Jahr widmete ich mich in meiner "krebsfreien" Zeit, an jenen Tagen, an denen mich die Nebenwirkungen nicht niederstreckten + ich mich gut fühlte, neuen Freizeitbeschäftigungen. An Stelle meiner Skileidenschaft wanderte ich täglich in Harburg ums Hafenbecken, in dem die VILLA HENRIETTE liegt, und statt Schmuckstücke in einer Werkstatt herzustellen, strickte ich Wolldecken. Und entwickelte eine tiefe Zufriedenheit trotz meiner Sehnsucht nach meinen Kolleg*innen. 

 

Dass ich diese Zufriedenheit finden + zulassen konnte, lag an meinem Umfeld, also meiner Familie, den Freund*innen, Bekannten + Kolleg*innen. Dieses Umfeld

  • verschonte mich vor schlechten Ratschlägen wie "Du musst jetzt viele Vitamine essen!"  [konkret: diverse Nahrungsergänzungen sind während der Krebsbehandlung kontraindiziert!], 
  • mich nicht ins Bedrängnis brachte mit Feststellungen wie "Du bist so stark, wenn Du das nicht schaffst, wer dann?" [Was passiert, wenn der Krebs doch "stärker" ist? Habe ich dann Schuld?] und
  • fragte auch keine Probleme in mich hinein: "Du hast bestimmt starke Schmerzen, oder?" [Nein, habe ich nicht, aber wird das noch kommen? Sehe ich was nicht?].

Mein Umfeld sorgte also nicht für die eigene Entlastung im Gespräch mit mir, sondern fragte:

"Wie geht es Dir?"

und ließ sich auf die Antwort ein. Mit dieser Frage wurde das Jahr, dieses Jahr mit Krebs, nicht nur ein besonderes, sondern ein gutes Jahr. In einer Situation, in der die eigenen Ängste groß, die mentalen + körperlichen Veränderungen mehr als fordernd, wenn nicht überfordernd waren, genau da hingucken + teilen zu dürfen, war eine große Erleichterung. 

 

Welche Macht doch Mitgefühl hat, welche Kraft im Teilen liegt, welcher Zauber doch in Empathie liegt. Mitgefühl + Anteilnahme trug mich durch die schwersten Momente. Und führte mich in meine Kraft. Danke Euch allen für dieses Geschenk -- und diese Erkenntnis.

 

Die magische Frage nehme ich für mein weiteres Leben mit: "Wie geht es Dir?"

 

Judith Andresen, Portraitfoto auf dem Seminarlieger VILLA HENRIETTE

Autorin: Judith Andresen

Agile Coachin + agile Organisationsentwicklerin

Autorin der Fachbücher "Retrospektiven in agilen Projekten", "Agiles Coaching" + "Agile Organisationsentwicklung"

  

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Göksu (Freitag, 17 Februar 2023 20:14)

    Danke fürs Teilen. So schön zu lesen, dass Mitgefühl helfen kann. Herzliche Grüße

  • #2

    Judith (Montag, 20 Februar 2023 12:22)

    Danke :-)