Mit Experimenten die strategische Richtung klarkriegen
- Judith Andresen
- 30. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Mai
"Wir müssten dringend etwas mit KI machen.", "Abteilung XYZ" hat doch schon Texte damit erstellt, das reicht doch", "Wir müssten unser PIM mit einer KI aufräumen", "Müssen wir nicht unsere Auslieferung komplett neu denken?" - in Abständen ist einfach nichts klar + die Beteiligten sind sich nicht einig, wohin die Organisation sich strategisch entwickeln sollte.

Wo die einen Chance + einen großen Veränderungsbedarf sehen, sehen die Anderen die aktuellen perfekten Lösungen + keinen Handlungsbedarf. Im Ergebnis bleiben alle da, wo sie sind: in ihrem effizienten Alltag aus der Sicht der Einen, in der Komfortzone aus der Sicht der Anderen.
In dieser Situation wird der Ruf nach einer Strategie, wahlweise einem Change sehr schnell laut. Braucht die Organisation doch eine Antwort auf diese offensichtlich so unterschiedlichen Perspektiven. In diesen unterschiedlichen Perspektiven kann die Organisation sich verlieren + sich in einen Konflikt verlieren.
Ein Change ist in dieser Situation nicht möglich. Stehen doch Organisationshebel + Zielraum überhaupt noch nicht fest. Was es jetzt braucht, sind Experimente.
Experimente bringen Klarheit in die Organisationshebel der Organisation. Organisationshebel sind verifizierte Entwicklungshypothesen + klären die Frage, mit welchen Maßnahmen die Organisation echte Veränderung erzeugen kann. Organisationshebel klären, also wie die Veränderung gehen wird.
Experimente bringen auch Klarheit in den Zielraum. Zielräume geben ein mögliches Bild der Zukunft ab, welches in Prinzipien + Handlungen attraktiv, handlungsleitend + richtungsweisend formuliert sind. Zielräume klären also, was durch die Veränderung erreicht werden soll.
Je nachdem, wie vage oder klar die Organisationshebel + Zielräume nach erfolgreich durchgeführten Experimenten sind, ist dann die Veränderung als Change oder als agile Transition zu gestalten.
Um für die Beteiligten Orientierung zu geben, braucht es das gezielte Ausprobieren + Lernen.
Organisationelle Experimente aufsetzen
Organisationelle Experimente können die Arbeitsabläufe, Services oder Produkte genauso umfassen wie veränderte Arbeitsweisen oder strukturelle Veränderungen. Dabei folgt ein Experiment einer Entwicklungshypothese:
"Wir glauben, dass wenn wir ABC machen, dass XYZ passieren wird."
Das Experiment wird sauber aufgesetzt. Ein schnell zugerufenes "Kannst Du mal gucken, ob XYZ für uns passt?" ist kein Experiment. Ein Experiment lebt von echten Erfahrungen + neuen Vorgehensweisen für die Organisation. Zu einem organisationellen Experiment gehören immer die folgenden Fragestellungen:
Teilnehmer*innen: Wer führt das Experiment durch?
Messkriterien: Wie bewerten wir den fachlichen Erfolg, woran machen wir einen Mißerfolg fest?
Abbruchkriterien: Unter welchen Umständen brechen wir das Experiment direkt ab (Erfolg / Mißerfolg)?
Dauer: Wie lange werden wir die Entwicklungshypothese überprüfen?
Kommunikation: Wen müssen / sollen wir über das Experiment informieren? Was ist unsere Botschaft?
Für Experimente gilt, das diese schlank aufgestellt, um in den kleinsten, möglichen Setting die Entwicklungshypothese zu prüfen. Das bedeutet für das Stimmengewirr an diesem Artikelanfang + die Frage, ob + wie es mit künstlicher Intelligenz weitergeht: es wird nicht der KI-Markt eruiert + geprüft, einen Rahmenvertrag für alle ausgehandelt, die KI in die Systemlandschaft integriert + für alle ausgerollt. Nein, was das heißt, ist: das Experimentteam nimmt sich eine Kreditkarte + "klickt sich eine KI" oder organisiert eine von allen Systemen unabhängige Test-Instanz. Damit folgt ein Experiment der Idee eines Minimum Viable Products.

Der Fokus eines Experiments liegt auf der Beantwortung der Entwicklungshypothese. Ob + wie eine Systemintegration + das Ausrollen an alle Kolleg*innen erfolgen wird, ist Thema der nachfolgenden Changes oder der zu modellierenden agilen Transition.
Die Beteiligten achten darauf, dass ihr Experiment klein + gut durchführbar ist. Wenn ein Experiment zu viele Abhängigkeiten mit sich bringt, stecken häufig mehr als eine Frage darin. Dann gilt: Kleiner schneiden!
Die Experimentteilnehmer*innen durchlaufen das Experiment in Lernzyklen. Sie nutzen die für sie passende Methode, um diese Lernzyklen zu stützen. Das könnten OKRs genauso wie Design Thinking oder Design Sprints sein.
Experimente sorgen für Klarheit
"Wir wollten prüfen, ob wir die Newslettergenerierungszeiten mit KI-Unterstützung auf ein Viertel reduzieren können" - nach zwei Zyklen wissen wir, dass mit der KI $ABC das gehen kann, während $DEF uns nicht in der Form weiterhilft.
"Wir wollten herausfinden, ob + welchen Effekt die Kennzeichnung von KI-unterstützten Inhalten auf unsere Leser*innschaft + deren Nutzungsverhalten hat." Wir kennen nun eine Form, die positiv aufgenommen wird -- und eine Art, die negativ aufgenommen wird.
"Wir wollten herausfinden, ob es einen positiven Unterschied macht, wenn wir die KI wie eine*n Kolleg*in in unsere Arbeitsabläufe integrieren." Wir konnten zeigen, dass wir auf die KI schneller + besser zurückgreifen, wenn wir die KI in allen Remote-Meetings als Teilnehmer*in dabeihaben.
Mit dieser strategischen Klarheit können die Beteiligten Lernschritt für Lernschritt in agilen Transitionen oder über einen geplanten + gezielten Change ihre über Experimente belegte Strategie operationalisieren + so echte, innovative + große Veränderung in die Organisation bringen.
Experimente lohnen sich!
Wenn Organisationen in strategischer Unklarheit sind, verlieren sich die Organisationen in Meinungsaustausch + handfesten Konflikten. Die Beteiligten reden über eine mögliche Veränderung des Systems - oder über die weitere Stabilisierung des Ist-Zustands.
"Sich nicht zu entscheiden, ist immer ein Entscheidung für den Ist-Zustand."
Dabei halten Organisationen häufig diese unterschiedlichen Positionen nicht aus. Und es ist den Beteiligten wichtig, recht zu haben. Im Ergebnis gibt es einen Entscheidungsstau + strategische Unklarheit.

Ihr spart viele Meetings + kostenträchtige Analysen, wenn Ihr Eure Fragen in Experimente übersetzt. Ihr spart das "Recht haben wollen" + harte Meinungsdebatten. Ihr spart schlichterdings Zeit.
In kurzen Lernzyklen Eure Richtung mit Experimenten zu identifizieren, ist die effizienteste + kostengünstigste Form, um strategische Klarheit zu gewinnen.
In diesem Sinne: habt Ihr heute schon ein Experiment auf den Weg gebracht?