Ende der Sechziger / Anfang der Siebziger kämpfte die junge Generation um Aufmerksamkeit in diesem Lande. Diese Generation erfand die APO, driftete zum Teil in extremen linken Terror ab und machte sich lauthals zeternd auf den Weg ins Etablishment.

Diese Generation ist längst im Bundes- und in den Landesparlamenten angekommen und wundert sich, dass sich die nachfolgende Generation nicht mit ihnen streitet und nennt sie daher politikverdrossen.
Ein Unbekannter kritzelte auf die Ankündigung "Die Kanzlerin kommt" die Worte: Und Alle so: "Yeaahh". Jemand fotografiert und vertwittert das, ein kleiner Witz macht seine Runde
auf Twitter und in einigen Blogs - und am Schluss sind sich einige (wie viele eigentlich?) einig, den Wahlkampfauftritt der Kanzlerin nicht mit den üblichen, als Protestmitteln anerkannten
Trillerpfeifen, sondern mit dem regelmäßigen Ausrufen von "Yeaahh" zu begleiten.
Lauthals dazwischen rufen. Trillerpfeifen. Fahnen schwenken. In ganz harten Fällen: Tomaten oder Eier. Diese Formen sind bekannt und werden im Rahmen der Poltikregeln von der "Gegenseite"
ignoriert. Das ist Teil des Spiels. Die eine Seite ruft ein paar unbegründete Thesen in den Raum ("Wir haben die Kraft" / CDU), die andere Seite trillert rum und ergänzt auf der nächsten eigenen
Veranstaltung mit "Unser Land kann mehr" (SPD). Wahlweise auch mit "Aus der Krise hilft nur Grün", "Deutschland kann es besser" (FDP) oder "Hier ist die Linke".
Auf Podiumsdiskussionen oder in TV-Talksendungen hört man sich nicht zu, fällt sich ins Wort und am Ende ist derjenige der Sieger, der sich mit Lautstärke durchgesetzt hat. Eine ernsthaft
Auseinandersetzung über politische Inhalte findet nicht mehr statt.
Auf Parteitagen wird zu Geschlossenheit aufgerufen. Selbst parteiinterne Diskussionen werden unterbunden, damit möglichst schnell der eine Satz formuliert werden kann, der dann in der
nächstbesten TV-Sendung bis zur Unterbrechung durch den poltischen Gegner vorgetragen wird.
Diese Generation wird unpolitisch genannt. Dieser Pseudo-Diskurs der etablierten Politiker und Parteien ist unpolitisch - und er frustiert diejenigen, die spüren, dass dringend eine Antwort auf
eine alternde Gesellschaft gefunden werden muss, die sich der Informationsrevolution vor dem Hintergrund schwindender Erdölreserven zu stellen hat. Derartige Probleme löst man nicht durch
parteiinterne Gängelei, Anschreien und Beleidigen und Nicht-Zuhören.
Die Persiflage von Begeisterung als Antwort auf Plattitüden. Direkter und härter kann Kritik nicht sein. Die Ausdrucksform mag unbekannt sein, aber am 18.09.2009 hat eine als
politikverdrossen bezeichnete Generation auf eine neue Art darauf aufmerksam gemacht, dass es Zeit ist, Politik nicht zu spielen, sondern Politik zu machen.