
Hans-Olaf Henkel, vormals Präsident des BDI, erklärt in seinem siebten Buch "Die Abwracker", "wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen".
Die Ursache für die Finanzkrise liegt für Henkel in einer verfehlten Sozialpolitik amerikanischer Poltiker, die erst Diskriminierung für alle untersagten, um anschließend jedem das Recht auf ein
eigenes Haus gesetzlich zuzusichern. Banken seien gezungen gewesen, subprime-Kredite auszugeben. Damit liegt die Hauptschuld für die Misere bei Politikern.
Amerikanische Banken stellten dann Zertifikate aus Risiken der subprime- und Konsumerkredite zusammen, die sie vornehmlich deutschen (Landes-)Banken anboten. An dieser Stelle deutet er eine
gepflegte Verschwörungstheorie an, in der eine amerikanische Wirtschaft versucht, die starke deutsche Wirtschaft zu Grunde zu richten.
Im Weltbild von Herrn Henkel existieren zwei Klassen von Menschen:
- Politiker, von Henkel synonym Gutmenschen genannt, wollen nur wiedergewählt werden und scheren sich daher nicht um die mittel- bis langfristigen Folgen ihrer Taten. Dabei folgen Politiker - egal welcher politischen Partei sie entstammen - dem "Neosozialismus", der unmäßige Sozialleistungen für alle und in allen Bereichen den starken Staat zum Ziel hat. "DDR light" als Politikziel. In die Klasse der Gutmenschen gehören auch Gewerkschafter.
- Manager hingegen sind gute Menschen, agieren sinnvoll mit allen Ressourcen, agieren klug und weitsichtig. Bis auf wenige Ausnahmen. Diese möchte Herr Henkel in einer "Hall of Shame" öffentlich anprangern. Anprangernswert ist für Henkel das Verhalten des damaligen Conti-Chefs, welcher während der Schaeffler-Übernahme die Contenance verloren habe.
Die Genese der Finanzkrise nimmt den größten Raum im Text ein. Geprägt ist diese Darstellung von einer Litanei über falsche Entscheidungen von Politikern und Gewerkschaftern. Gespickt wird diese Darstellung von Seitenhieben auf eine sensationshungrige und schlecht informierende Presse, die ebenfalls - aus der Sicht Henkels - sehr stark dem linken Gedankengut frönt. Auch die Banken, insbesondere die Landesbanken, bekommen ihr Fett weg. Letzten Endes sind gerade diese von Politikern kontrolliert, die das Wirtschaftsgeschehen nicht beurteilen können. Zu dieser Darstellung gehört auch, dass Manager im Rahmen der durch die anderen Akteure abgesteckten Raum die optimalen Entscheidungen trafen - zu betonen bleibt, dass Hans-Olaf Henkel als Aufsichtsratsmitglied jedweder Firma immer äußerst korrekt und langfristig denkend agiert hat.
Schließlich benennt Hans-Olaf Henkel Problemfelder, die aus der Art der jetzigen Krisenbewältigung - der staatlichen Stützung von Banken und diversen Wirtschaftsunternehmen - erwachsen werden. Durch Kurzarbeit und statistische Schummeleien wird die Zahl der tatsächlichen Arbeitslosen verharmlost. Henkel geht davon aus, dass durch ein zu hohes Niveau der Sozial- und Transferleistungen die Staatsfinanzen volllkommen zu Grunde gehen. Ein Drittel des aktuellen Staatshaushaltes ist Sozialleistungen vorbehalten. Um dies zu ermöglichen, werden immer weitere Staatsschulden aufgenommen, welchen den Schuldenberg immer weiter erhöhen. Henkel nennt dies die Beschäftigungs-, die Sozialversicherungs- und die Schuldenblase. Diese werden platzen - in Form einer Hyperinflation.
Er empfiehlt daher den Kauf von Immobilien auf Pump - als probates Mittel, selbst in der Hyperinflation Geld zu verdienen.
Stilistisch ist dieses Buch nicht zu ertragen. Es wirkt, als habe Henkel an einem Wochenende relativ ungeordnete Gedanken in Aufnahmegerät gesprochen und anschließend en unspirierter Ghostwriter in einem schnellen Galopp den Text zusammengestellt hat. Stellen, die Henkel wichtig sind, unterlegt dieser mit Hinweisen auf seine vormaligen Tätigkeiten und auf seinen direkten Freund- und Bekanntschaften. Aussagen werden nicht mit Argumenten und Zahlen unterlegt, sondern lediglich mit Hinweisen darauf hinterlegt, dass Bekannter xy die vorgetragene Meinung teile.
Nachdem Herr Henkel sein Werk beendet hatte, muss ihm jemand gesagt haben, er solle doch noch sagen, wie es richtig ginge. Und so führt Henkel vierzehn Vorschläge auf, wie mit den Staatsfinanzen und der Wirtschaft umzugehen sei: Während im gesamten Buch zu keinem Zeitpunkt der Kündigungsschutz ein echtes Thema ist, kommt er im ersten Vorschlag zum Tragen. Bei einigen Vorschlägen, wie der Aufhebung der Flächentarifverträge, ist der Bezug zum vorherigen Text schlecht hierzustellen. Darüber hinaus fordert Henkel einen maßvollen Umgang mit Boni - ohne gesetzliche Steuerung -, eine Verstaatlichung aller Banken sowie ein Frühwarnsystem für kommende (Finanz-) Blasen.
Als Lektüre ist Die Abwracker: Wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen nicht zu emfehlen. Die erhoffte Analyse erfolgt holzschnittartig an "Gutmenschen" und "guten Menschen", mögliche Auswirkungen sind nur schwach erläutert und mögliche Gegenmaßnahmen sind innerhalb von dreißig Seiten ohne argumentative Unterlegung angerissen. Ich teile die Meinung, dass wir mögliche weitere Blasen durch die staatliche Finanzierung die Gefahr einer monetären Abwertung (sei es durch Deflation oder Inflation) heraufbeschwören. Der Titel "Die Abwracker" hätte mich warnen sollen. Ich war auf der Suche nach Lösungen und Ideen. Und fand eine Litanei über Gutmenschen.
Kein Gewinn, dieses Buch.
Dieser Blog-Post ist ein privater Beitrag von Judith Andresen.