Genervt wirft der Account Manager das Telefon auf den Tisch: "Man, das ist so ein Vollspacke!". Das Team applaudiert. Dieser Kunde ist wirklich dämlich. Schade nur, dass sich niemand so recht auf die kommende Status-Sitzung vorbereiten mag. "Ist ja nicht wirklich nötig, der Kunde versteht das sowieso nicht."
Wir entziehen uns den Respekt - und legen damit den Grundstein für ein budgetär unerfreuliches Projekt.

Projekte lassen sich nicht alleine über Tools steuern. Es zählt das gesprochene Wort: "Ich habe das kommuniziert." ist ein häufig gehörter Satz in Projektteams - aber wenn die Kommunikation in einem ausgefüllten Status-Bericht oder einer E-Mail bestand, kann es gut sein, dass zwar gesendet, aber nicht gehört wurde.
Wir sind niemals alle einer Meinung. Im Konfliktfall ist es wichtig, dass man die Person als solches stehen lässt. Wie wollt und könnt Ihr dauerhaft mit jemanden zusammen arbeiten, den Ihr für einen Vollidioten haltet? Der "Vollidiot" spürt, dass er für einen gehalten wird, und wird daher mit Brachialgewalt versuchen, sein Anliegen durchzubekommen,
- um nicht verloren zu haben,
- um sein eigenes Bild von sich erhalten zu können und
- um sich zu beweisen, dass er kein Vollidiot ist.
Die Kräfte des Projekts defokussieren - bedingt durch diese Verteidigungsstrategie. Damit gerät das Projekt in Schlingerkurs.
Kritisiert und hinterfragt immer das Verhalten Eures Gegenübers: "Ich verstehe nicht, warum er das so macht." Stellt diese Frage direkt: "Ich verstehe das nicht. Warum möchten Sie so vorgehen?" Kommt ins Gespräch. Lasst Euch die Wünsche und Handlungsweisen erklären. ("Aktives Zuhören" hilft hier ungemein.) Erläutert Euren Standpunkt. Und verhandelt.
Das macht in der gleichen Situation ein Gespräch auf, das das gemeinsame Erreichen von Zielen ermöglicht. Ohne Respekt ist die Tür zu. Mit Respekt und Offenheit ergibt sich eine Chance.
P.S. Die Kommunikationswahrheit "Respekt vor der Person, Kritik in der Handlung" gilt genauso in der Politik. Mir scheint, dass haben aktuell sehr viele Politiker vergessen. Und deswegen ist der politische Diskurs in diesem Land gerade auch kein Diskurs, sondern ein mediales Beleidigungsschlachtfeld.
Dieser Blog-Post ist ein privater Beitrag von Judith Andresen.
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