"Employer branding" werde immer wichtiger, heißt es. Vor dem Hintergrund schwindender Fachkräfte werde es immer wichtiger, die positiven Arbeitsbedingungen bei einem Arbeitgeber herauszustellen.
Hilft das wirklich? Mit welchen Maßnahmen kann ich die Attraktivität eines Unternehmens für Bewerber und Mitarbeiter steigern?

Fachkräftemangel trotz steigender Studentenzahlen?
Rund um Arbeitnehmer werden aktuell in der Presse zwei große Themen bemüht:
- Die Anzahl der Studienabschlüsse steigt.
- Es ist ein Fachkräftemangel in Deutschland abzusehen.
Diese im Ansatz widersprüchlichen Aussagen bleiben nebeneinander stehen. Während die erste Aussage faktisch überprüfbar ist, entspringt die zweite Aussage dem Gefühl. Es fällt Unternehmen und Betrieben immer schwerer, "gute Leute" zu finden und zu halten.
Warum ist das so?
Nur wirksame Mitarbeiter sind zufrieden
Heutige Mitarbeiter möchten spüren, welchen Anteil ihre Entscheidungen und ihr Tun am Erfolg des Gesamtunternehmens haben. Einfach ein Rädchen sein, Befehlsemfänger sein, ohne die Sinnhaftigkeit zu hinterfragen, macht nicht zufrieden.
Das mag ein Ergebnis der 68er-Bewegung sein oder etwas ganz anderes. Fakt ist, dass Mitarbeiter, die im Schnitt mehr als ein Drittel eines Tags in einem Unternehmen verbringen, in dieser Zeit Sinnhaftes tun möchten. Das Modell, dass man widerwillig die Arbeit erträgt, um in der Freizeit und bei Eintritt der Rente wirklich "wirklich zu leben", ist passé.
"Du hast Deine Probezeit nicht bestanden" sagte vor Jahren einer meiner Freunde zum Personaler und verließ das Unternehmen. Das ist der Geist der Zeit. Selbstbewusste Mitarbeiter fordern, wirksam zu sein. Sie arbeiten und liefern im Gegenzug mit Engagement und Leidenschaft für die Sache.
Mit einem Kicker im Pausenraum wird man nicht zum attraktiven Arbeitgeber
Kicker im Pausenraum, Obsttage, Weihnachtsfeier auf der Alster, Massagen am Arbeitsplatz ... viele Versuche können scheitern, einen attraktiven Arbeitgeber durch "Incentives" zu generieren.
Attraktivität entsteht durch Autonomie in Entscheidungen & Anerkennung, also durch gefühlte Wirksamkeit des Arbeitnehmers. Die steigende Anzahl von Depressionen und BurnOuts ist ein Indikator, dass es um diese Autonomie in Entscheidungen nicht gut bestellt ist.
Viele Unternehmen setzen auf "Employer Branding" an Stelle von wirklichen Change-Prozessen. Es ist aber nicht das Image des Arbeitgebers entscheidend, sondern das Sein. Passt das Image nicht zur Wirklichkeit, findet eine Abstimmung mit den Füßen statt. Entscheidend ist nicht das Image, sondern die gelebte Unternehmenskultur.
Unternehmen werden von Menschen gemacht. Wir definieren, wie unser Arbeitsumfeld ist. Wenn wir an die Idee eines Unternehmens glauben, müssen wir ein Arbeitsumfeld sorgen, in Menschen dauerhaft sein und arbeiten möchten.
Motivation entsteht durch Erfolg des Mitarbeiters. Dafür muss dieser seinen Anteil am Gesamtwerk kennen und Einflussmöglichkeiten auf das Gesamtgewerk haben.
Erfolgreiche StartUps machen es vor: der Spirit schnell wachsender Unternehmen ist häufig agil, also partizipatorisch. Entscheidungen werden von denjenigen getroffen, die über die entsprechenden Kompetenzen verfügen, nicht von denjenigen, die eine bestimmte Entscheidungskompetenz durch ihren Führungsrang erhalten.
Mittelfristig werden nur diejenigen Unternehmen Mitarbeiter gewinnen und halten, in der eine partizipative und offene Unternehmenskultur gelebt wird.
Dieser Blog-Post ist ein privater Beitrag von Judith Andresen.
- Nächster Artikel: Nützliche Regeln und Ideen für Software-Teams
- Vorheriger Artikel: jimdo-Sitemap im Layout angleichen
- Kategorie: Leitung, Kultur
Kommentar schreiben
Andy (Dienstag, 19 Juni 2012 09:10)
Danke für diesen tollen Artikel.
Mehr gibt es nicht zu sagen :)
Vanessa (Sonntag, 22 Juli 2012 15:49)
Hallo Judith, da stimme ich natürlich voll zu!
Incentives um der Incentives willen bringen nicht viel. Was mir auch aufgefallen ist: Machmal hat sich das Management sehr wohl etwas bestimmtes dabei gedacht, möchte zum Beispiel durch ein Incentive, ein Ritual oder ähnliches bestimmte Werte der Unternehmensvision fördern. Das ist super, aber oft wird vergessen, das den Führungskräften und Mitarbeitern überhaupt mitzuteilen, geschweige denn regelmäßig darüber zu sprechen.