Unternehmenskultur basiert auf allen ungesagten Annahmen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen - zum Beispiel über Führungsverhalten oder die Wirtschaft. Es lohnt sich der direkte und transparente Austausch über diese "Wahrheiten".

Nach dem Modell von Schein ist die Basis der Unternehmenskultur die Masse der unausgesprochenen (womöglich nicht einmal bewusst aussprechbaren) Grundannahmen aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Während die Wertvorstellungen der Beteiligten besprech- und verhandelbar sind, sind die Grundannahmen der Beteiligten selten bis nie im Gespräch.
"Du, ich finde, wir wachsen zu schnell - ich glaube nicht an dieses Mandat des Kapitalismus" ist selten auf den Fluren zu hören. Aber auch ein "Ich finde es total beknackt, dass der Chef uns ins Projekt XYZ so reinredet. Aber ich kann mich dagegen nicht wehren. Ich glaube nämlich, dass Chefs das Recht haben, in jedwede Autonomie aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einzugreifen." Was in diesem Fall im öffentlich wird, ist - wenn überhaupt - eine leise Empörung über das Eingreifen der Führungskraft. Weil die Art des Eingreifens die Wertewelt der Beteiligten verletzt.

Wenn ein Unternehmen schnell wächst, kommen ständig neue Menschen mit ihren Grundannahmen hinzu. Diese setzen Veränderungsimpulse für die Unternehmenskultur. Typische Grundannahmen sind:
- Gründer haben das Recht, in jeden Prozess direkt einzugreifen.
- Arbeit wird in StartUps nur anerkannt, wenn man mindestens zehn Stunden anwesend ist.
- Kritik an Vorgesetzten führt immer zu Ärger.
Zu Grundannahmen gehört aber auch der Spielbereich, den der bzw. die Einzelne seiner oder ihrer Teamleitung zugesteht. Ebenfalls ein großes Feld im Bereich sind die Annahmen über Delegation von Aufgaben, die Verantwortungsübernahme für Aufgaben und die Hol- bzw. Bringschuld für Tätigkeitsberichte.
Geraten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Konflikt, erfolgt dies häufig, weil die Grundannahmen der Beteiligten sehr unterschiedlich sind. Auch die Konfliktlösung wird maßgeblich durch die eigenen Grundannahmen gesteuert.
"Wer sich auf der Arbeit streitet, ist unprofessionell. Emotionen haben da nichts zu suchen." ist eine weit verbreitete Annahme, die der Lösung von Konflikten entgegen steht.

In Retrospektiven und Team-Reviews werden sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihrer Grundannahmen bewusst. Mit diesem Wissen ist die Frage beantwortbar, welche Elemente einer positiven Unternehmenskultur dienen.
Gerade in Unternehmen, die stark wachsen, ist ein schneller Verfall der ursprünglich als gut beschriebenen Unternehmenskultur zu beobachten. Im starken Wachstum gerät der Kern der Unternehmenskultur leicht ins Wanken - zu viele Impulse werden durch viele neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesetzt.
Neben Retrospektiven und Team-Reviews helfen hier auch Unternehmens-Retrospektiven, Zukunftswerkstätten und andere Open Space-Veranstaltungen, um Klarheit zu erlangen und die Zielsetzung mit allen Beteiligten zu formulieren.
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Christian Hehlfuhrt (Dienstag, 03 September 2013 10:57)
Hallo, ein wirklich treffender Beitrag. Kenne das alles aus meiner eigenen Firma. Emotionen sollen generell zu Hause bleiben und Kritik wird nicht aufgenommen, sogar teilweise bestraft obwohl sie teilweise ernst zunehmen ist weil etwas falsch gemacht wird. Deswegen haben wir jetzt ein <a href="http://www.deloitte.com/view/de_AT/at/dienstleistungen/consulting/index.htm">Consulting</a> Unternehmen beauftragt. Ich hoffe es wird sich dann bei uns etwas ändern.
Lg, Christian
Judith Andresen (Dienstag, 03 September 2013 11:41)
Ich drücke Euch die Daumen, dass sich mit der externen Beratung etwas ändert. Häufig brauchen die Beteiligten einen externen Impuls, um die offensichtlichen Dinge anzusprechen.
Viel Glück!