Durch Selbst-Organisation und Feedback finden Teams sehr schnell ihre eigene "Selfmade-Methode".
Agile Entwicklung: im Team flexibel und schlank Neuland erobern
Im Laufe der letzten Jahre hat sich das agile Projektmanagement zu einer ernstzunehmenden Methode entwickelt, um interaktive Anwendungen gemäß der Spezifikation »in time and budget« zu produzieren. Im Unterschied zum klassischen Projektmanagement mit festem Ziel und geschätztem Termin und Budget konzentrieren sich agile Teams – ausgehend vom fixem Budget und Termin – vor allem darauf, Lösungen für Probleme zu finden, die es noch nicht gibt. Agile Methoden wie Scrum oder Kanban zielen darauf ab, die Entwicklungsprozesse flexibel und schlank zu gestalten. Zudem fördern sie die direkte Kommunikation im Team sowie zwischen diesem und der Auftraggeberschaft.
Zentral für die agile Entwicklung sind UserStorys. In diesen beschreibt das Team markante Nutzungsszenarien und priorisiert diese. Diese UserStorys geben keinen Lösungsweg vor, sondern definieren einen Zielzustand aus Anwender- oder Kundensicht.
Die Umsetzungsform bleibt dem Team überlassen. Auf diese Weise vermeiden agile Projektmethoden lange Ausformulierungen von Anforderungen, die sich erstens aufgrund der Komplexität nicht vorhersehen lassen und die zweitens im weiteren Verlauf aufgrund des Auftauchens neuer Stör- und Einflussfaktoren umformuliert werden müssten.

Kanban | Kanban ist eine Methode aus der Softwareentwicklung. Mit dieser lassen sich die Anzahl paralleler Arbeiten reduzieren, um den Projektablauf zu beschleunigen und zugleich einen gleichmäßigen Flow zu erreichen.
Alle Aufgaben liegen dabei in einem Pool (Backlog), der bereits priorisierte Tasks enthält.
Mittels eines Kanban-Bords, das zum Beispiel aus einem einfachen Whiteboard und Haftnotizen oder Karteikarten besteht, visualisiert das Team sämtliche Tasks und deren Status.
Jede Karte oder Notiz repräsentiert eine Aufgabe

SCRUM | Diese Methode für ein agiles Projektmanagement besteht nur aus wenigen Regeln und eignet sich für umfangreiche Projekte, die damit in iterativen Prozess vorangetrieben werden. Der Ansatz beruht auf der Erfahrung, dass Entwicklungen heute in der Regel zu komplex sind, um einen alles erfassenden Plan erstellen zu können. Den langfristigen Plan (Product Backlog) verfeinert und optimiert das Team kontinuierlich und erstellt einen Detailplan (Sprint Backlog) nur für den jeweils nächsten Zyklus (Sprint). Damit lässt sich die Planung auf das Wesentliche reduzieren, was im Gegenzug eine hohe Planungsdisziplin ermöglicht.
Strukturen für kreativen Spielraum
Das agile Projektteam arbeitet in einem Raum und folgt definierten Rollen sowie einer institutionalisierten Meetingkultur zur Beurteilung des Projektstands und zur kontinuierlichen Optimierung. Die SCRUM-Methode kennt drei Rollen mit unterschiedlichen Verantwortungen:
- den Product Owner,
- das Entwicklungsteam und
- den SCRUMMaster.
Das Product Backlog ist eine Auflistung aller für das Produkt benötigten Anforderungen. Es ist dynamisch und wird ständig weiterentwickelt. Dabei kann es sich um eine einfache Excel-Datei handeln, eine Wandzeitung oder ein webbasiertes Projektmanagementtool wie JIRA oder Kanbanize. Edenspiekermann beispielsweise nutzt ScrumDo. Diese Werkzeuge haben den Vorteil, dass Mitarbeiter und Kunden auch von außen auf das Backlog zugreifen können.
Jeden Morgen gibt es ein sogenanntes Daily StandUps, das den aktuellen Stand transparent macht. Zudem steht am Ende jedes Sprints – das ist eine ein- bis vierwöchige Produktionsphase – ein Review-Meeting, bei dem das Entwicklungsteam dem Product Owner die fertiggestellten Features demonstriert, der diese direkt abnimmt. An die Review schließt sich die Sprint-Retrospektive an. Hierbei überprüft das Scrum-Team gemeinsam mit dem Scrum-Master seine Arbeitsweise, um sie in Zukunft effizienter zu machen.
»Agiles Projektmanagement ermöglicht uns einen besseren Überblick und spart Zeit. Deshalb entwickeln wir bei Edenspiekermann seit drei Jahren jedes digitale Projekt agil«, erklärt Michael Börner, Account Director bei Edenspiekermann in Berlin. »Auftraggeber sind am Anfang eher skeptisch, vor allem, wenn sie noch nie agil entwickelt haben, aber da der Product Owner immer vom Kunden gestellt wird, lernen auch sie mit der Zeit, diese Methode zu schätzen.«
Die Selfmade-Methode ist die verbreiteste agile Methode
Sich fest an eine einmal definierte Vorgehensweise zu klammern, würde den Prinzipien des agilen Arbeitens grundlegend widersprechen. Daher finden sich in der Praxis meist Abwandlungen agilen Projektmanagementmethoden. »Wir entwickeln agil, aber nicht dogmatisch nach SCRUM oder einer anderen gängigen Methode – wir haben unsere eigene gefunden«, sagt Kristian Kerkhoff, einer der Geschäftsführer der Digitalagentur demodern in Köln.
Ähnlich ist das bei der Berliner Kreativagentur Moccu: »Wir haben ein eigenes Vorgehen entwickelt, das unseren Projektgrößen entgegenkommt. Einerseits planen wir nach Wasserfallmanier, lassen aber in der Entwicklung selbst agile Arbeitsweisen zu, die etwa Änderungen während des Prozesses erlauben«, sagt Moccu-Geschäftsführer Thomas Walter. Dabei setzt Moccu das Projektmanagementtool Redmine ein, mit dessen Hilfe Mitarbeiter sogenannte Tickets mit Aufgaben abarbeiten, die das Team ihnen zugeordnet hat.
Ein agiles Verfahren in Reinkultur ist also in den wenigsten Fällen anzutreffen. Wer den agilen Geist lebt, wird die zunächst gewählte Methode so lange anpassen, bis sie seinen Erfordernissen genügt. Über alle agilen Methoden hinweg Gültigkeit haben jedoch Bausteine wie die Wandzeitung zur Visualisierung des Prozesses, das Daily StandUp zur Statuserhebung im Team und zum Erkennen von Problemen sowie Retrospektiven, um die Vorgehensweise zu optimieren und bei Bedarf auszubauen.
»Die Regeln des agilen Arbeitens zu lernen, braucht nicht viel Zeit«, meint Michael Börner. Schwieriger sei es schon, diese zu verfeinern und die jeweilige Aufgabenstellung anzupassen. Agile Methoden fördern sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der prozessuralen Ebene das Erkennen und Lernen im Team. Für herausfordernde Aufgaben sind sie daher genau das Richtige – aber eben auch nicht immer.
Teil 1 2 3 | Dieser BlogBeitrag ist die Zweitveröffentlichung des gleichnamigen Artikels in der PAGE, der in der PAGE 10/2014 erschienen ist. Judith Andresen berichtet zusammen mit Angelika Eckert über passende Projektmethoden in Teams und Unternehmen. Der Text ist in der Zweitveröffentlichung geschlechtsneutral formuliert.
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