
Im klassischen Sinne verstehen wir unter einem Projekt ein einmaliges Vorhaben mit einem definierten Ziel, das Restriktionen im Bereich Zeit, Qualität und Budget unterliegt. Aktuell scheitert die Mehrzahl der IT-basierten Projekte, wenn man diese Parameter betrachtet. Dabei gilt es nur einige Grundfragen gut zu beantworten, um zum Erfolg zu kommen.
„Warum machen wir das eigentlich?“
In Webprojekten wird als Projektziel häufig der „Relaunch“ ausgelobt. Aber dieses Stichwort genügt nicht, um ein großes Projekt zu tragen. Die Frage ist, warum eine Erneuerung der Website notwendig ist:
- Geht es um eine Neuaufstellung der Marke oder des Produkts?
- Geht es um die Erschließung neuer Marktsegmente? Um andere Kanäle?
- Gibt es insgesamt fachliche oder technische Forderungen, die im alten System nicht zu erfüllen sind?
Wenn im Projektteam keine Klarheit über das Projektziel herrscht, wird dies mittelfristig dazu führen, dass Teammitglieder sich in ihren Aufgaben verlieren.
Mit der fehlenden Zielsetzung geht Motivation verloren. Gleichzeitig zeigt sich ein großes Konfliktpotenzial. Wenn es kein von allen getragenes Projektziel gibt, versuchen alle Disziplinen, in eben ihrer Disziplin zu glänzen. In den meisten Fällen ist ein solches, über alle Disziplinen glänzendes Produkt nicht im Projektbudget. Die Auftraggeber und –geberinnen beziehungsweise Führungskräfte werden dann die Reduktion von Ansprüchen mit Härte und Macht einfordern. Damit wird das Projektteam weiter demotiviert.
Daher sollten sich alle Projektbeteiligten sowohl bei Projektbeginn als auch wiederkehrend Projektverlauf immer wieder versichern, dass sie ein gemeinsames Verständnis vom Projektziel haben. Wenn alle die Frage „Warum machen wir das eigentlich“ einheitlich und klar beantworten können, bestehen gute Chancen, dass alle sinnvolle Entscheidungen treffen können.
„Warum müssen wir jetzt alle Buttons umfärben?“

Die Unsicherheit über das Projektziel zeigt sich insbesondere bei der Definition und Bewertung von Qualitätsmerkmalen und -kennzahlen. Um Ärger und Schuldzuweisungen zu vermeiden, werden Aufgaben dann nicht fertig. Es gibt ja immer noch etwas, was der- oder diejenige besser machen könnte.
Symptome für fehlende oder unklare Qualitätsmerkmale sind nicht fertig werdende Aufgaben und Tickets, die ständig an Leistungsumfang zunehmen. Ein weiteres Indiz sind Projektbeteiligte, die mit Randbemerkungen diese Phänomene auslösen. Hier zeigt sich häufig eine Fehlerkultur, die auf Schuldzuweisungen aufsetzt.
Agile Ansätze können helfen: Nach einer klaren Zielformulierung sind die Forderung nach „Good is enough“ und eine klare „Definition of Done“ sehr hilfreich für den Teamerfolg. Das gemeinsame Definieren und Kontrollieren von Aufgaben unterstützt den Prozesserfolg.
„Livedatum ist der 20.! Bis dahin entwickeln wir auch noch!“
Termine korrekt setzen und kommunizieren fällt vielen Teams schwer. Das Rückwärts-Rechnen des Livetermins ist eigentlich eine einfache Geschichte: Es ist
- die Frage zu beantworten: Welche Schritte sind zu tun, bis wir live sind?,
- vom Livedatum aus rückwärts zu rechnen, bis wann die wesentlichen Entwicklungsarbeiten abgeschlossen sein müssen und
- zur Sicherheit die Projektgeschichte mit den neu gewonnen Erkenntnissen zum Projektablauf von vorne zu erzählen.
Mit diesem einfachen Mittel lassen sich viele Terminprobleme ausschließen. Und doch lassen sich viele Teammitglieder von dem einen, großen Livedatum blenden. Das gibt lange eine vermeintliche Sicherheit im Projekt, dann eine Panikphase und häufig ein Verschieben.
In agilen Kontexten heißt es häufig: wir lassen uns nicht durch zeitliche Reglementierungen unter Druck setzen. Für reine Produktfirmen, deren Marketing sich an Produktentwicklungszyklus anschließt, mag diese Aussage stimmen. Für alle anderen Firmen gilt: findet das richtige Maß zwischen strikten zeitlichen Vorgaben und dem Projektziel, das Ihr erreichen wollt.
„Wir holen die verlorene Zeit in der Testphase wieder rein!“
Arbeiten Unternehmen stark wasserfallorientiert, ist die Testphase häufig diejenige, die im Projektverlauf unter die Räder kommt – wenn dies nicht bereits in der Angebotsphase geschehen ist. Aber auch in agilen Kontexten kann das Testen unter Druck geraten. So kann es vorkommen, dass das in der „Definition of Done“ geforderte „Peer Review“ dem Zeitdruck zum Opfer fällt. Um das Teamziel zu erfüllen, werden dann im „Peer Review“ Aufgaben auf „done“ gesetzt, die den im Team ausgehandelten Qualitätskriterien nicht entsprechen.
Durch das Festsetzen von zwei Parametern Qualität, Zeit oder Budget gerät der letzte Parameter unter Druck. Wir sind es gewohnt, dass dies – geprägt durch Managementriten der letzten Jahrzehnte – die Qualität sein muss. Weil wir dies wissen, handeln wir leicht entsprechend – ohne ein Wort darüber zu verlieren. Damit ist mittelfristig durch das Befolgen eines „So-Wie-Beim-Letzten-Mal“ der Projekterfolg in Gefahr.
Durch explizites Aufzeigen von Handlungsoptionen haben die Projektbeteiligten die Chance, zielführende, im Moment passende Maßnahmen zu benennen. Regelmäßig Reviews und Retrospektiven helfen dem Team Transparenz über Entscheidungen und Entscheidungsoptionen zu erhalten.
Das einfache Beantworten von Projektfragen verhilft dem Projektteam zum Erfolg

In Abhängigkeit von der Projektaufgabe und dem –umfeld werdet Ihr eine eher direktive oder eher eine agile Projektmethode wählen. Unabhängig von der Projektmethode sind die Grundfragen eines Projekts zu beantworten:
- Was genau wollen wir erreichen?
- Wie ordnet sich dieses Ziel in den Gesamtkontext des Unternehmens ein?
- Wie gehen wir vor? Welche Methodenbausteine nutzen wir, um diese Fragen konstant und klar zu beantworten? (Anders gefragt: Wie stellen wir sicher, dass wir die bekannten Restriktionen erfüllen können?)
Wer diese Fragen sauber beantworten kann, hat gute Chancen, sich auf die Projektaufgaben zu konzentrieren. Um Anforderungsänderungen und andere Impulse gut zu verarbeiten, sollte jedes Projektteam regelmäßig über den Projektverlauf und die genutzten Methoden reflektieren. Durch Reviews und Retrospektiven wird das Team entsprechend des Projektverlaufs die Antworten für „Was“ und „Wie“ rejustieren. Mit diesen selbstlernenden Komponenten ist der Projekterfolg machbar.
Dieser Blog-Beitrag ist eine Zweitveröffentlichung des Artikels in der Online-Publikation "Webmagazin" des Software & Support Verlags. Weitere Artikel in der Artikelübersicht.
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