Die aktuelle Restaufwandsschätzung zeigt quasi die Werte der letzten Schätzung. Im BurnChart tut sich nichts. Die Puffer scheinen aufgebraucht zu sein. Das fühlt sich nicht gut an.
Irgendwie hakt's im Projekt. Es erschließen sich nicht sofort die Ursachen. Wie vorgehen?

Die Werte sprechen eine Sprache - der Bauch oft eine andere. Was ist richtig? Die Antwort ist im Gespräch zu finden.
Im Team Ursachen bestimmen
Wenn im Projektteam regelmäßige Retrosperspektiven anstehen, ist die Frage: was geht vor? Gibt es tiefer liegende Ursachen? Was können wir tun? Oder ist vielleicht -obwohl wir gerade jetzt nicht geliefert haben- doch alles okay und im großen Plan? Oder zeigt sich hier gerade ganz leise ein Risiko, das noch niemand erkannt hat?
Wenn Retrosperspektiven als Methodenbaustein nicht regelmäßig genutzt werden, ist ein anderer Weg zu suchen, ohne Schuldvorwürfe oder Panik mit Team ein
Gefühl zu entwickeln, wie die Situation einzuschätzen und wie mit dieser umzugehen ist. Dabei ist mit zwei Phänomenen offensiv umzugehen:
- Die Erfahrung zeigt, dass die Steuerungsebene in schwierigen Projektsituationen in Projekte operativ eingreift. Die Steuerungsebene hat im Normalfall eine andere Agenda als die Projektteilnehmer. Insofern ändert sich durch ein Eingreifen die Art der Zielmessung und die Zusammenarbeit.
- In vielen Unternehmen zeigt man seine Inkompetenz, wenn man ein Projekt auf ROT setzt. Um dieser Beurteilung aus dem Weg zu gehen, meiden Mitarbeiter die ehrliche Statusmeldung.
Diese Arten der Konflikt- und Folgenvermeidung sind anzusprechen. Wenn das Team eine valide Begründung für die Ursachen findet, wird ein Eingriff der Steuerungsebene nur dann erfolgen, wenn das Team das möchte. Wenn das Team die Ursachen sauber bestimmt hat, wird es die richtige Farbe indizieren, welche Art von Handlungen einzuleiten sind.
Wenn das Projektteam (und/oder der Projektleiter) in dieser Situation schweigt, wird das eigentliche Problem - und damit auch die negativen Resultate im Projektergebnis - größer werden. Um die Ursachen zu benennen, ist Dedektivarbeit zu leisten. Das ist weniger arbeitsintensiv - und ressourcenschonender - als Abzuwarten. Die Arbeit, die Fehlentwicklung zurückzunehmen, wird täglich mehr.
Externen Rat einholen
In Abständen hat sich das gesamte Projektteam inklusive Leitung verfahren. Hier hilft externer Rat durch die Steuerungsebene - oder durch Austausch unter Kollegen. Im Normalfall sehen diese Gesprächspartner klarer, weil sie nicht in den täglichen Details unterwegs sind.
Alternativen und Handlungswege vereinbaren
Mit dem Team ist mit Transparenz und Verbindlichkeit die Ursache der Verschleppungen (wenn es denn welche sind) und eine gemeinsame Beurteilung der Sachlage sowie möglicher Handlungsoptionen zu finden.
- Gibt es unklare Anforderungen und Zielsetzungen?
- Ist klar, wie geliefert werden soll?
- Weiß jeder, wann und wie genau seine Aufgabe zu erledigen ist?
- Misst unsere Controlling-Methodik korrekt?
Den Auftraggeber transparent in die Lösung einbinden
In einer Unternehmenskultur, die bereits "intern" Themen nicht benennen kann, fällt es schwer, den Projektstatus klar zu kommunizieren. Dies hilft dennoch allen Beteiligten, weil Klarheit über die Situation herrscht. Und damit über mögliche Lösungen gesprochen. Sofern der Sachstand noch im Ungefähren ist (oder in den "Bäuchen), lässt das Raum für Spekulationen und implizite Schuldvorwürfe.
Oft spürt der Auftraggeber aber, dass etwas nicht stimmt. In dieser Situation zu sagen: "wir haben das Thema erkannt und arbeiten an einer Lösung" gibt Sicherheit und Vertrauen.
So erwächst aus einer an sich nicht guten Situation etwas Gutes. Die Zusammenarbeit wird sich verbessern. Intern wie extern.
Dieser Blog-Post ist ein privater Beitrag von Judith Andresen.
- Nächster Artikel: Was macht einen professionellen Software-Entwickler aus?
- Vorheriger Artikel: Kapitalismuskritik aus Amerika für Sechsjährige
- Kategorie: Projekt
Kommentar schreiben